Projekttag „Demokratie. Jetzt!“

veröffentlicht am 07.01.2024 von Barbara Braune

Bewegt von den Ereignissen des 07.10.23 und der daraus resultierenden Folgen in Nahost, aber auch bei uns vor Ort, angesichts von wachsendem israelbezogenen Antisemitismus, aber auch von steigender Muslimfeindlichkeit, war uns in der Schulleitung schnell klar, dass darauf anlassbezogen reagiert werden muss. Natürlich ist das in den Klassen und Kursen der Tellkampfschule - initiiert durch die Lehrkräfte - sofort geschehen. Aber uns war es zusätzlich wichtig, Expert:innen zu diesem Thema einzuladen und einen ganzen Tag - in der Tradition der SOR-Tage - diesen Themen zu widmen.  Wir haben die AG „Schule ohne Rassismus“ gebeten, uns dabei zu unterstützen. Uns interessierte vor allem die Fragestellung, was die Zuspitzung des Konfliktes in Israel vor Ort mit uns macht.  Wir wollten wissen, inwiefern sich eine Gesellschaft, die ohnehin durch die Krisen der vergangenen Jahre verunsichert ist, angeheizt durch die sozialen Netzwerke polarisieren lässt. Daher haben wir den Tag unter das Motto „Demokratie. Jetzt!“ gestellt. Demokratie ist für uns einerseits etwas Verletzliches, was es zu verteidigen gilt. Andererseits bedeutet sie für uns etwas Kraftvolles, da nur die Demokratie es schafft, disparate Positionen auszuhalten. Wenn allerdings die Demokratie selbst angegriffen wird, muss sie sich wehren können.

Oberbürgermeister Belit Onay hat diesen Tag zusammen mit unserem Schulleiter René Mounajed in der Aula durch ein Grußwort eröffnet. Berührend waren die sehr persönlichen Einsichten, die Belit Onay zu der Thematik Toleranz vor den Schüler:innen geäußert hat. Sehr deutlich wurde, dass es ihm ein Herzensanliegen ist, divergierende Positionen zusammenzuhalten und zu befrieden. René Mounajed hat in seinem Redebeitrag die Bedeutung von Hoffnung und Optimismus betont. Es komme an einem solchen Projekttag weniger darauf an, eine defizitorientierte Einstellung zu fördern, als vielmehr sich als Schätzeheber zu begreifen: Schätzeheber auf der Spur demokratischer Traditionen.

Den unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Jahrgänge sollte durch auf die Altersgruppen jeweils zugeschnittenen Angebote entgegengekommen werden. In den unteren Jahrgängen ging es zunächst darum, die aktuelle Situation und die bei den Schüler:innen angekommenen Medienberichten aufzugreifen und im Stuhlkreis anhand der Kategorien Menschenwürde und Menschenrechte zu besprechen. Sehr schön war, dass die Mitglieder der SOR-AG durch die Klassen gegangen sind und ihre Arbeit dem 5. Jahrgang vorgestellt haben. Jahrgang 9 beschäftigte sich mit der Unterscheidung von seriösen Nachrichten und Fake News und erhielt dabei Unterstützung von Manuel Behrens (HAZ). Der Workshop von Manuel Behrens bot einen profunden Einblick in die Arbeit seriöser Presse, um so mehr, als er auch zeigte, dass Berichterstattung auch mal auf Friktionen stößt. 

Im 10. Jahrgang ging es mehr um die subjektive Erfahrung von Jüd:innen und Muslim:innen seit dem 07. Oktober. Hier erhielten die Klassen Besuch von Ehrenamtlichen („Meet a Jew“ – eine Initiative des Zentralrats der Juden), dem Rabbiner Gabor Lengyel und zwei Studierenden mit palästinensischer Herkunftsgeschichte. 

Die Oberstufe nahm an dem Hauptvortrag des Tages von Frank Ziemann, Verfassungsschutz, zum Thema „Demokratie in Gefahr!“ teil. Frank Ziemann zeigte an etlichen Beispielen sehr gut dokumentiert die aktuellen Entwicklungen des Extremismus und seine unterschiedlichen Erscheinungsformen auf. Parallel dazu klärte Helge Regner, Recherche- und Meldestelle Antisemitismus Niedersachsen (RIAS), vor ca. 30 Schüler:innen der Oberstufe über die jüngsten Entwicklungen nach dem 07. Oktober auf. Darüberhinaus wurde den Schüler:innen bewusst, dass es sehr unterschiedliche Erscheinungsformen des Antisemitismus gibt und wie man sie erkennen kann. 

Das ist nur ein kleiner Einblick in die vielen Aktivitäten dieses Tages, die oft auch in der Verantwortung unserer Klassenlehrkräfte lagen. Vielen Dank dafür! Kontextuiert wurde der Tag durch die Ausstellung „Oh, eine Dummel! Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit in Karikatur und Satire“, die zehn Tage lang in der Tellkampfschule zu sehen war. Etwa 640 Schüler:innen haben die Ausstellung besucht, darunter elf Lerngruppen der Bismarckschule und der Ludwig – Windthorst - Schule, unserer Nachbarschulen. Das ist ein großartiger Erfolg für die Ausstellung.

Aber auch im Nachhinein wird es weitergehen. Impulse der Referent:innen reichen in den Unterricht hinein, das war der Sinn des Tages. Positive Anregungen kommen zur Entfaltung, Missverständliches muss geklärt, Irritierendes diskutiert werden. 

Genau das gehört zur Demokratie. Eine Gesprächskultur, die nicht stehen bleibt.

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